Rheinspange: Geschlossen gegen den Autobahnausbau
Im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP) werden aktuell verschiedene Autobahnerweiterungen geplant. Die “Rheinspange”, eine Verlängerung der A553 über den Rhein zur Entlastung der A4 im Süden Kölns bzw. der A565 im Norden Bonns, sowie eine Verbreiterung der A4 zu einer 8-spurigen Autobahn werden diskutiert, was evtl. sogar den Abriss (und Wiederaufbau) der Rodenkirchener Brücke zur Folge hätte.
Dabei ist der BVWP in vielen Punkten längst nicht mehr zeitgemäß und war es in Teilen nie: Der Bundesverkehrswegeplan trat 2016 in Kraft und beruft sich auf Prognosen der Verkehrsentwicklungen und Ziele aus dem Jahr 2014. Ein Jahr später ist Deutschland dem Pariser Klimaabkommen beigetreten. Die Verpflichtungen als Beitrag zu den Pariser Klimazielen konnten somit noch nicht berücksichtigt werden.
Aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung der Klimaziele, sind die Pläne des BVWPs nicht tragbar.
Interne Gutachter wie das Umweltbundesamt bewerten den BVWP mit : „Daher muss festgestellt werden, dass der Entwurf des BVWP 2030 bei der Umweltprüfung faktisch durchgefallen ist.“
Ähnlich vernichtend fällt das Ergebnis des Sachverständigenrats für Umweltfragen aus: “Der Bundesverkehrswegeplan 2030 verfehlte zudem elf der zwölf von der Bundesregierung aufgestellten Umweltziele.”
Die EU hat gerade ein Naturschutz-Klageverfahren gegen Deutschland am EuGH auf den Weg gebracht, da der Plan FFH-Gebiete (spezielle Natur- und Landschaftsschutzgebiete) nicht berücksichtigt. Auch FFH Gebiete in der Kölner Region sind davon betroffen,.
Nicht nur aus der Perspektive des Klima- und Umweltschutzes ist der Ausbau fragwürdig.
Vor allem die versprochene Entlastung des Verkehrs ist zweifelhaft. Es wird angenommen, dass eine stärker ausgebaute Infrastruktur für einen besser fließenden Verkehr sorgt. Dies ist aber falsch, da nur kurzfristig der Fall.
Tatsächlich motiviert eine zunächst bessere Anbindung Menschen dazu, in weiter außen liegende Stadtteile zu ziehen, das Auto nun doch häufiger zu verwenden, oder sich ein neues zu kaufen. Auch der internationale Durchgangsverkehr wird steigen. Eine ausgeweitete Infrastruktur sorgt auch gleichzeitig für proportional mehr gefahrene Straßenkilometer pro Verkehrsteilnehmer und erhöht die Anzahl der Autos auf der Strecke absolut.
Dieser Effekt ist Verkehrswissenschaftlern seit Jahren bekannt als:
Fundamental Law of Highway Congestion
Wörtlich übersetzt:
Das grundlegende Gesetz der Autobahnüberlastung
Es besagt, dass sich einige Jahre nach einer Straßenverbreiterung immer der Status Quo wieder einstellt oder der Verkehr sogar schlechter fließt als vor dem Ausbau. Der Effekt wurde in Studien weltweit bestätigt, von Japan bis in die USA.
Erst letztes Jahr bekräftigte eine neue, groß angelegte Studie aus Barcelona den Effekt für die 545 größten Städte Europas (darunter Köln):
“Our results confirm that in the long run, and in line with the ’fundamental law of highway congestion’, the expansion in cities of lane kilometers causes an increase in vehicle traffic that does not solve urban congestion” .
wörtlich übersetzt:
“Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die Ausweitung der Fahrbahnkilometer in den Städten langfristig und in Übereinstimmung mit dem „grundlegenden Gesetz der Autobahnüberlastung“ eine Zunahme des Fahrzeugverkehrs verursacht, die die Überlastung der Städte nicht löst”.
Die Zunahme des Verkehrs ist auch Straßen-NRW bekannt. So prognostizieren sie innerhalb kurzer Zeit ein erhöhtes Verkehrsaufkommen von bis zu 36.000 Fahrzeugen pro Tag, allein durch die neue Brücke. Der Verkehr wird aber mindestens solange stetig steigen, bis das Stauaufkommen genauso hoch ist wie vor dem Ausbau. Für jeden Einzelnen bedeutet das im schlimmsten Fall, dass sich die durchschnittliche Fahrzeit verschlechtert, im besten Fall aber maximal so hoch ist wie vor dem Ausbau.
Ist dieser Punkt erreicht, wird sich das nun höhere Verkehrsaufkommen neue, schnellere Wege suchen. Das heißt auch die versprochene Entlastung der angrenzenden Städte wird langfristig nicht gelingen.
Auf direkte Nachfrage von Volt Köln bestätigte die Autobahn Gmbh, dass Ihnen der Effekt als Breass-Paradoxon bekannt sei. Vorkehrungen um dem Effekt entgegen zu wirken, seien keine getroffen worden.
Zu einer wissenschaftlichen und transparenten Aufklärung gehört auch, dass betroffene Städte und Interessengruppen in den Prozess involviert werden. Dies ist bei allen genannten Projekten nicht in hinreichendem Maße geschehen oder geplant. Bei der Rheinspange hat die Stadt Bonn bisher überhaupt kein Mitsprache- und Gestaltungsrecht und vom eventuellen Abriss der Rodenkirchener Brücke haben die Politik und Bevölkerung erst aus der Presse erfahren.
Mehrere Bürgerinitiativen, (u.a. Scientist4Future, Bürgerinitiative Porz-Langel gegen die Autobahnquerung 553, BUND) und politische Parteien haben sich bereits offen und sachlich gegen den Ausbau positioniert.
Es wird Zeit in der gesamten Region eine Mehrheit gegen den Ausbau zu finden.
Die Unterzeichner dieser Pressemeldung stellen sich geschlossen hinter die dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnisse, den Umweltschutz, sowie die Bürgerinitiativen und sagen Ja zum Pariser Klimaabkommen und Nein zu den geplanten Autobahnprojekten auf Kölner und Bonner Stadtgebiet, dem Rhein-Sieg, sowie dem Rhein-Erft Kreis.
Wir setzen uns für eine moderne, zukunftsfähige und nachhaltige Entwicklung der Mobilität ein und fordern eine Fortentwicklung des BVWP zu einem integrierten Bundesmobilitätsplan, der alle überregionalen Verkehrsträger (Straße, Schiene, Schiff, Luftverkehr) umfasst, einschließlich einer konsistenten bundesweiten Flughafenplanung. Sowie eine Kostenverteilung die sich aus dem Verursacherprinzip ergibt.
Wir fordern wissenschaftlich evaluierte, schneller umsetzbare, aber vor allem kostengünstigere Möglichkeiten, den Stau zu reduzieren und den Verkehrsfluss zu steuern z.B. Pförtnerampeln, Straßenbepreisungssysteme, Wassertaxen, urbane Seilbahnsysteme, Fuß-, Rad- und ÖPNV-Brücken etc.
Es muss gelingen, durch geeignete Alternativen und ohne Autobahnausbau in der Kölner/Bonner Region eine für alle akzeptable Verkehrsinfrastruktur zu realisieren.
Unterzeichnet von
Volt Fraktion im Rat der Stadt Köln
Linke Fraktion im Rat der Stadt Köln
Ratsgruppe GUT Köln
Ratsgruppe Klimafreunde Köln
Grüne Niederkassel
Volt Fraktion im Rat der Stadt Bonn
Fraktion Die Linke/Volt im Regionalrat des Regierungsbezirks Köln
Scientists for Future Köln/Bonn
Bürgerinitiative Porz-Langel
BUND Rhein-Erft
1 Comment
Stefan Gadsch · 29. November 2021 at 17:19
Wie ich bereits mehrfach kommentiert habe, halte ich eine Ablehnung der Rheinspange ohne gleichzeitige Schaffung einer Alternative für falsch. Wenn man den betroffenen nur negative Sachen anbietet,
keine Rheinspange, Pförtnerampel, Straßenbepreisungssystem, wird man nur Widerspruch ernten und
die Leute radikaleren Parteien zutreiben. Gegen das Auto mit aller Gewalt erstmal durchsetzen und zu den
Alternativen kommen wir dann später, ist die falsche Politik. Dies kann ggf. in der Stadt funktionieren, aber nicht auf dem Land. Gleichzeitig müssen den betroffenen annehmbare Alternativen aufgezeigt werden, z.B.
wie sie schnell und kostengünstig ohne Brücke von Niederkassel nach z.B Wesseling/Godorf usw. kommen.
Jeder wird gerne auf das Auto verzichten, wenn ihm eine gute Alternative geboten wird. So bin ich z.B mit der S-Bahn aus unserer Stadt schneller in Köln/Hauptbahnhof als mit dem Auto. Wenn dann noch das
Fahrplanangebot und die Preise stimmen, dann ist die Wende nicht mehr weit. Aber erst mal gegen alles sein und keine annehmbare Alternative bringen. Nein! Hierzu meine Frage: Wenn die Rheinspange abgelehnt werden soll und damit eine Menge Geld eingespart werden soll, wie soll eurer Meinung nach dieses eingesparte Geld konkret verwendet werden? (Finanzierung ÖPNV mit 365€ Ticket für alle?)